@ Medox
Viele Werkstätten bieten die Einlagerung der Kompletträder im Betrieb an. Damit gehen sie allerdings auch die Verpflichtung ein, für dabei auftretende Schäden haften zu müssen. Allerdings ist nicht jeder Kfz-Werkstatt bewusst, dass sie damit auch sehr weitreichende Rechtspflichten eingeht.
In den überwiegenden Fällen schreibt der Serviceberater auf den Auftrag, dass nach dem Wechsel die abmontierten Kompletträder eventuell gewaschen und danach eingelagert werden. Bei meinem BMW-Vertragshändler werden zusätzlich noch die Profiltiefen notiert und nötigenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass bald neue Reifen fällig sind.
Aus rechtlicher Sicht stellt ein solcher Auftrag einen Werkvertrag dar, bei dem der Erfolg, nämlich der Reifenwechsel, im Vordergrund steht. Gleichwohl wird durch die Einlagerung sein Pflichtenkreis erweitert. Strittig ist, ob es sich bei diesem Schritt um einen weiteren, eigenständigen Vertrag handelt oder ob nur der ursprüngliche Werkvertrag um weitere rechtliche Aspekte angereichert wird.
Das wesentliche Element, welches die Unterbringung der überlassenen Räder auszeichnet, lässt sich mit der sogenannten Obhutspflicht (SAMOHT berichtete schon davon) beschreiben. Diese geht über die einem Mietvertrag zugrunde liegende Raumnutzung hinaus und bildet die Grundlage der zivilrechtlichen Verwahrung. Um bereits auf dieser Ebene Klarheit zu schaffen, sollte die Kfz-Werkstatt rechtlich strikt zwischen dem Reifenwechsel und der anschließenden Einlagerung trennen und mit seinem Kunden deswegen zwei separate, schriftliche Vereinbarungen treffen. Diese Vorgehensweise hat nicht nur den Vorteil, dem Kunden gegenüber die Kosten für die Überlassung der Räder transparenter zu gestalten, sondern für die Verwahrung zusätzliche Bedingungen hinsichtlich Dauer, Haftungsbeschränkungen und Sicherung des Zahlungsanspruchs (Pfandrecht) aufzunehmen. Entsprechende Formulare werden von diversen Kfz-Innungen angeboten.
Entsprechend dem Hauptzweck der Verwahrung schuldet die Kfz-Werkstatt während der Einlagerungsdauer nicht nur den entsprechenden Platz, vielmehr kommt ihr auch eine besondere Obhutspflicht zu. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die überlassenen Räder nach der Verwahrung im selben Zustand zurückgegeben werden wie zum Zeitpunkt der Einlagerung. Ist dies nicht der Fall oder kommen sie gar abhanden – etwa durch Diebstahl – muss die Kfz-Werkstatt dafür gerade stehen.
Im Schadenfall muss die Kfz-Werkstatt beweisen, dass sie nicht für das Abhandenkommen oder die Beschädigung der Räder verantwortlich ist (§ 280 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches; BGH, Az.: III ZR 126/88). Eine Verschiebung der Beweislast zulasten des Kunden in allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht möglich, da dies dem Vertragszweck zuwider laufen würde (BGH, Az.: II ZR 98/62). Der Kunde hätte ohnehin nicht die Option, einen Beweis anzutreten, da er während der Verwahrdauer über seine Räder nicht verfügen kann.
Zwar soll dem Kunden jegliche Unannehmlichkeit erspart bleiben, allerdings darf er sich daran nicht bereichern, etwa, wenn er für seine „an der Profilgrenze“ übergegebenen Reifen Ersatz in Form neuer Pneus einfordert. Ein etwaiger Abzug „neu für alt“ (BGH, Az.: VI ZR 90/58) ist gleichwohl nur dann möglich, wenn der Kfz-Betrieb den Nachweis führen kann, dass die ursprünglich eingelagerten Räder bereits Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen aufwiesen. Somit gilt die Beweislastverteilung grundsätzlich auch für die Schadenshöhe. Sofern das Schadenrisiko ein Versicherer übernimmt, wickelt dieser im Schadensfall in der Regel auch nach dem Zeitwert ab (Ausnahme: Neuwertversicherung).
Führt die Kfz-Werkstatt keine Aufzeichnungen, so könnte diese im Extremfall dem Kunden gegenüber zu einem Neuwertersatz verpflichtet sein, seine Versicherung würde dagegen nur einen Minimalersatz leisten. Deswegen ist es wichtig, bei der Einlagerung nicht nur die Anzahl der Räder zu dokumentieren, sondern auch Felgentyp, Größe, Marke, Fabrikationsnummer, Zustand, Reifengröße, DOT-Nummer, Zustand et cetera, um gegebenenfalls gegenüber dem Kunden beziehungsweise dem Versicherer den Beweis führen zu können.
Das Verwahrungsrisiko wird in der Regel nicht durch eine Standard-Betriebshaftpflicht abgedeckt. Entsprechende Policen sind beispielsweise davon abhängig,
ob die Räder im Hauptgebäude selbst (Keller/Obergeschoss) oder in einem Container beziehungsweise einem angemieteten Gebäude gelagert werden.
Zudem bieten diverse Versicherer Komplettpakete an. Ein Schaden strahlt in vielen Fällen allerdings auf das gesamte Paket ab und nicht nur auf das Einzelrisiko,
sodass jeder Versicherungsfall zu einer überproportionalen Beitragserhöhung führen kann. Ob dies zutrifft, muss der Werkstattinhaber mit dem jeweiligen Versicherungsvertreter
vor Ort klären.
Grundsätzlich gehe ich mal davon aus, dass dein Radsatz nicht bei einem BMW-Vertragshändler eingelagert war. Denn wenn man sich das an dich gerichtete Schriftstück mal ansieht, ist die Qualität der Zeilen in Bezug auf die richtige Schreibweise mehr als mangelhaft. Somit gehe ich mal davon aus, dass sich die Regulierung des Schadens bei einer „Wald- und Wiesenwerkstatt“ noch länger hinziehen dürfte ...
Bis dahin, munter bleiben ... :daumen: