Ich habe gestern die BMW M Race Track Experience am Lausitzring gemacht und auch wenn man keinen M2 Competition buchen konnte (und wir daher M4 Competition gefahren sind), schreibe ich das einmal aus der vergleichenden Sicht eines M2-Fahrers. Ich bin nicht ganz ohne Vorkenntnisse in das Training gegangen, in 2019 hatte ich bereits vier Trainings beim ADAC (Laatzen und Hansa - Intensiv, Perfektion, Drift und Sportfahrer) und vor ein paar Wochen meinen ersten Trackday in Meppen.
Anreise war am Dienstag mit Check-In bis 17:30 im Hotel. Beim Check-In gab es dann eine ///M-Branding-Tüte mit Schlüsselband, Basecap und Umhängetasche (~ 100 Euro Wert). Um 18:30 Uhr startete der einstündige Theorieteil, in dem im Rahmen einer Präsentation mit ein wenig Frage-Antwort-Interaktion ein paar Fahrbasics vermittelt wurden: Sitzposition, Lenkradhaltung, Bremsen, Untersteuern / Übersteuern, Kamm'scher Kreis, Ideallinie, Scheitelpunkt. An sich nicht schlecht, aber für denjenigen, der das zum ersten Mal hört viel zu schnell und zu oberflächlich - "mal gehört haben" schien das Ausbildungsziel zu sein. Was mir auch gefehlt hatte, war eine kurze Vorstellrunde: Wer seid ihr, welche Fahrerfahrung habt ihr, was erwartet ihr von dem Training. Diese Theoriesessions waren bei allen ADAC-Trainings, die ich gemacht habe _VIEL_ besser. Danach Abendessen im Social Distancing-Modus. Im Anschluss haben sich draußen vor dem Hotel ein paar Grüppchen gebildet - Benzintalk eben. Kein einziger M2 LCI, nur X3M/M2/M4/M5 Competition vor Ort. Demnach hätte ich den Soundpreis holen können - bin aber mit meinem Firmen-540i angereist. Lange Autobahnfahrten (die nicht zu einem Trackday führen) muss ich mit der Giftigen Liesl nicht unbedingt machen.
Am Mittwoch dann Frühstück, Auschecken und um 0815 eigene Anfahrt zum ca. 10 km entfernten Lausitzring. Das Gelände gehört der DEKRA und ist beeindruckend groß. Vor Ort keine Beschilderung, sondern eher eine wage Beschreibung der Dame am Einangscheckpoint, so dass das komplette bayerische Korso erst einmal falsch gefahren und falsch geparkt hat. Irgendjemand hat dann herausgefunden, wo wir wirklich hin mussten und - tada - dann konnte man auch schon den großen BMW M-LKW sehen, den der Trainer am Vorabend als unübersehbaren Landmark angekündigt hatte
Gesammelt haben wir uns dann in der Boxengasse mit einer schönen Überraschung - ein M4 GT4 und ein M2 CS Racing. Nicht irgendwie nebenan, sondern direkt im Wartebereich neben dem Snack- und Getränkebuffet. Aufteilung in drei Gruppen zu je 10 Fahrern auf die Fahrzeuggruppen giftgrün, quietschblau und postgelb. Ich wollte schon immer einmal wissen, wie sich so ein DHL-Expressfahrer fühlt, deshalb thumbs-up, dass ich in der postgelben Gruppe gelandet bin
Ein paar Beobachtungen zu den Autos - brandneue M4 Competition, gerade mal aus der Einfahrzeit raus. Die Sitznähte und die Kontrastleisten sind in Fahrzeugfarbe gehalten (in meinem Fall also postgelb). Ich habe im Handschuhfach das Fahrtenbuch gefunden: 89km Werksabholung, 2017 km Einfahren, 2030 km Werkstatt (ich denke Einfahrkontrolle) und dann ein Training am Bilster Berg und jetzt eben das am Lausitzring. Alle Fahrzeuge mit blauer Bremse und bei mindestens jedem dritten die hinteren(!) Bremssättel bereit tiefgrün aufgrund von Überhitzung. Warum, ergibt sich aus dem Trainingsablauf. Ich hatte mich dazu mit den Mechanikern unterhalten - die sahen das total entspannt, auf den Autos sind aber grundsätzlich M-Perfomancebeläge verbaut. In den Autos ist Funk fest installiert und ein Race-Navigator-System mit zwei Kameras (nach vorne + Fahrer). Man kann zwischen zwei Fahrern umschalten und jeweils die Aufnahme starten und stoppen. Am Ende des Trainings steckt man den bereitgestellten USB-Stick ein und lädt seine Videos runter. Die Videos sind dann mit Tacho und G-Force. Sehr schöne Sache!
Fahrerfotos durch einen professionellen Fotografen und dann ging es um 0900 (endlich) mit dem Fahren los. Rückblickend diente der ganze Morgen (in meiner Wahrnehmung) dazu, dass die Teilnehmer den Bremsschlag vermittelt bekommen - also Vertrauen in das ABS zu gewinnen, dass in >90% aller Situationen die ABS-Vollbremsung die Situation immer verbessert. War für mich nicht neu, das ist bei mir aus den ADAC-Trainings schon sehr deutlich hängengeblieben. Bis auf die Fahrten auf dem Rundkurs ist man zu zweit im Auto und wechselt sich bei den Übungen ab.
1. Warm-Up: Aus dem Stand voll Beschleunigen (ca. 80m), dann Vollbremsung und durch einen Slalom zurückfahren - ca. 5 Mal.
2. Doppelter Spurwechsel bei 100 km/h: Aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen, in eine Pylonengasse einfahren, bei 100 km/h nach links/rechts in eine Pylonengasse ausweichen, dann Vollbremsung und in dieser Bremsung wieder in die alte Gasse zurück - ca 5 Mal.
3. Gezeiteter Slalom: ca 200 m Strecke, einfacher Slalom (60...70 km/h), dann Schweizer Slalom, 180°-Turn, dann wieder zurück und Bremsung in eine "Bremsbox". Verlässt man die Box, gibt es drei Strafsekunden - 3 Mal
4. Bremsen in der Kurve: Anfahren mit 100 km/h, Einfahrt in ein scharfe Rechtskurve und gleichzeitige Vollbremsung bis zum Stillstand - 5 Mal.
5. Driften: Bewässerte Kreisbahn (im Vergleich zu Laatzen oder Lüneburg allerdings RIESIG), jeder Teilnehmer mit ca. 2x drei Runden und den üblichen Ergebnissen (mich eingeschlossen), dass das mit dem Driften keine so ganz triviale Sache ist, weil die Lenktechnik mit schnellem Übergreifen eben dann doch noch nicht so gut sitzt, dass das mit Gegenlenken nach dem Gasstoß auch klappen würde.
Mittagspause mit einfachem, aber sehr leckerem Essen.
Start in den Nachmittag um 1300 Uhr, es fängt an zu regnen. Ab jetzt sitzt man nur noch alleine im Auto. Geplant sind pro Fahrer insgesamt vier Stints a ca. 5 bis 6 Runden. Der Trainer fährt immer vor, alle anderen fahren hinterher, nach einer Runde lässt der dem Trainer Folgende die anderen vorbei und reiht sich wieder ein. Bei 5 Autos ergibt das dann 5 Runden. Und hier begann dann ein wenig meine Frustration - die Morgensession hätte man mit jedem Auto machen können. Der chinesische SUV kriegt das Bremsen in der Kurve genau so gut hin wie ein M4 Competition, schaukelt mehr und sieht auch nicht so cool aus, geht aber. Rennstreckenrundenfahren wäre aber eher nicht so sein Ding. Also war der Nachmittag eigentlich der Teil, auf den ich mich wirklich gefreut hatte. Also, mal schauen, was so geht mit dem M4 Competition... denkste! Die Gruppen waren sehr inhomogen und das hat sich dann voll gezeigt. In meiner Gruppe war eine sympathishe Frau, die seit vier Jahren ihren Führerschein hatte und mit einem weißen M2 Competition mit kompletter Kriegsbemalung und M-Performance-Carbon-Vollausstattung angereist war. Morgens hatte sie mir dann noch gesagt, dass ihr Auto auf jeden Fall in ein paar Jahren komplett zum Rennwagen umgebaut wird und sie erzählte mir, dass der ja bis 270 so richtig durchzieht, aber dann bis 290 ein bischen zäh wird. Ok, dachte ich mir, cool wenn man in jungen Jahren dazu schon die Gelegenheit hat. Nunja, in meiner ersten "schnellen" Runde hinter dem Trainer haben wir dann in der Mitte der Runde komplett die Geschwindigkeit rausnehmen müssen, weil sie den Anschluss verloren hatte. Und das zog sich dann so durch... Ideallinie nicht verstanden, Streckenbreite nicht genutzt, zögerliches, langes Bremsen, Bremsen in der Kurve, etc. In einer anderen Gruppe war das so extrem, dass sie einen Fahrer rausgenommen und dann 1:1 gecoacht haben. Ich mache den Leuten keinen Vorwurf (es gibt ja schließlich keine Teilnahmevoraussetzungen), aber ein Verteilen auf die Gruppen nach Fähigkeiten hätte es für alle Beteiligten harmonischer gemacht. Ist auch keine Frage von Alter, mein Beifahrer war 18 und hat bei uns mit Abstand den schnellsten Slalom gefahren. Wetterbedingt sind es dann nur knapp drei Stints geworden, da der Regen so stark wurde, dass man seinen Vordermann nicht mehr sehen konnte. Aber dafür kenne ich jetzt auch die Regenlinie am Lausitzring und habe sie auf Video!
Zusammengefasst zur Veranstaltung:
Wenn man keinen M sein eigen nennt oder einen ganzen Tag einen anderen M fahren möchte, ist das Angebot in sich schon stimmig. Ansonsten meines Erachtens nach allerdings nicht - wenn man bedenkt, dass man dafür (ohne Gutschein) fast 1600 Euro bezahlt. Das Sportfahrertraining beim ADAC bietet (bei Teilnahme im eigenen M) die gleichen Inhalte mit Ausnahme einer echten Rennstrecke (in Lüneburg ist es ein Handlingkurs), hat mehr Theorie, geht mehr auf die Teilnehmer ein und kostet "nur" zwischen 270 und 400 Euro.
Zusammengefasst zum Auto:
Der M4 Competition ließ sich schön fahren, der lange Radstand macht sich definitiv bemerkbar. Das Gripniveau der PSS war auch im Regen beeindruckend. 450 PS im Gegensatz zu 370 PS beim M2 sind schon eine Ansage, aber es hat sich jetzt nicht wesentlich anders auf der Strecke angefühlt, als wie ich das mit dem M2 in Erinnerung habe. Ganz klar von Vorteil ist (wie beim M2 Competition), dass man Getriebe, Lenkung, Motor und Traktionskontrolle getrennt voneinander konfigurieren kann. Die manuellen Schaltvorgänge sind sehr harmonisch, auch wenn die Gaskennlinie auf Sport steht. Das nervt mich beim M2 VFL/LCI schon. Ich hätte gerne die Sport-Gaspedalkennlinie mit weicheren Schaltvorgänge und der Möglichkeit MDM ein- oder ausschalten zu können. Naja, vielleicht muss ich mich doch einmal mit Thor beschäftigen. Über Sound beim M4 Competition brauchen wir eher nicht zu sprechen - innen richtet es das ADS und außen hört man nur die Abrollgeräusche der Reifen. Das Fahrerlebnis ist deutlich weniger rabiat als im M2. In Summe - eine nette Erfahrung, aber definitiv kein Habenwollen im Vergleich zu meinem M2 LCI!
Der M2 ist und bleibt mein absoluter Favorit!
Und zum Schluss noch ein wenig Beifang:
"Kann ich mich mal in den CS setzen?" "Klar, wenn du wieder rauskommt. Und bitte nicht starten." Tür auf, reingeklettert und formschlüssig mit dem Sitz geworden. Krass, wie der Innenraum nach Benzin riecht. Und unmittelbar darauf die Erkenntnis, dass ich meinen M2 nicht in ein Tracktool umbauen werde. Der CS Racing ist so weit weg von einem Serienauto, dass ich ein Jahr Sabattical und > 40 k EUR brauchen würde, um aus einem M2 Competition etwas ähnliches zu bauen. Mal schauen, wie die CS Racings (ähnlich wie derzeit die M240i Racing) in ein paar Jahren auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt werden. Weitere Erkenntnisse aus verschiedenen Nebengesprächen mit den anwesenden BMWlern:
- M4 GT4 und M2CS Racing werden statt mit 6,5 mit 8 Litern Öl befüllt. Beide Autos haben keinen Ölsensor, sondern einen Ölmessstab. Die Max-Markierung entspricht 8 Litern.
- Grundlage vieler GT4 / CS Racing-Teile sind die normalen Serienteile. Beispiel Stoßstange M2 CS Racing: Bei Übernahme des Neufahrzeugs bekommt der Käufer Zeichnungen, Schablonen, etc. die erklären, wie man aus einer Serienstoßstange eines M2 CS Racing-Stoßstange macht. Man nimmt eine Serienstoßsstange und bringt dann Bohrungen, Gewinde, Ausschnitte für Bremsbelüftungen, etc. nachträglich ein. Damit ist vieles tatsächlich seriennah und am Serienauto auch nachrüstbar.
- Man kann Probefahrten mit den Kundensportmodellen buchen (war für gestern für zwei Kaufinteressenten auch vorgesehen): 10 Runden auf dem Lausitzring kosten 750 Euro. Als Größenordnung kann man mit 12 Euro Kosten pro km mit dem M2 CS Racing rechnen.
- BMW Experience hat als neues Produkt den M Trackday (Scan angehängt). Im Prinzip nimmt man mit seinem M-Fahrzeug am Trackday teil (2,5 Stunden Fahrzeit = 5 Stints) für 590 Euro und kann dann weitere Elemente dazu buchen (z.B. Coaching, Probefahrten im CS Racing oder im GT4, Taxirunden, etc.). Dieses Jahr nur zwei Termine: Hockenheimring und Salzburgring, aber für's nächste Jahr schaue ich mir das mal an.
So, ist jetzt doch was länger geworden, aber vielleicht für den ein oder anderen doch lesenswert.